65 Jahre Grundgesetz. Da wird es schöne Reden geben. Doch wegen der NSA hat die deutsche Verfassung inzwischen ein Loch in der Mitte. Nur eine wirklich wichtige Veranstaltung gibt es zum Jubiläum – auch wenn sie nicht als Feierlichkeit ausgegeben wird.
Zu Ostern verzehrt man gefärbte Eier; zu Weihnachten Stollen und Lebkuchen. Das passende Gebäck zum bevorstehenden 65. Jubiläum des Grundgesetzes ist der Donut. Es handelt sich um einen handtellergroßen amerikanischen Krapfen, um ein rundes Ding aus Hefe- oder Rührteig, das in der Mitte ein Loch hat. Dieser amerikanische Lochkrapfen ist ein Symbol für die deutsche Verfassung in den Zeiten von NSA: Das Grundgesetz, auf das so viele Deutsche so stolz sind, ist nämlich in der Mitte hohl; der US-Geheimdienst NSA hat es ausgehöhlt.
In dieser hohlen Mitte sitzt die National Security Agency der USA und greift auf sämtliche Kommunikationsdaten zu; die NSA forscht Bürger, Behörden, Unternehmen und Organisationen aus; und die NSA gedenkt nicht, damit aufzuhören. In der hohlen Mitte des Grundgesetzes arbeitet auch der US-Militärstützpunkt Ramstein, über den der weltweite Drohnenkrieg der Amerikaner gesteuert wird. Ramstein Air Base am Rande des Pfälzerwalds ist ein Zentrum der US-Exekutionslogistik. Der drohnengesteuerte Tod in Afghanistan, Somalia oder Jemen hat also auch einen deutschen Absender. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus, heißt es im Grundgesetz – die US-Gewalt in und aus Deutschland ganz offensichtlich nicht; sie ist auch nicht an Recht , Gesetz und Verfassung gebunden.
Quelle: Süddeutsche.de
passend dazu:
Berliner Gedankenspiele zur dritten Gewalt
Der Innenminister traf sich mit wichtigen Staatsrechtlern beim Italiener und sprach über die Zukunft des Verfassungsgerichts. In Karlsruhe ist man nervös.
Nur Routine? Bei einem Edelitaliener in der Berliner Friedrichstraße hat sich am Mittwochabend Bundesinnenminister Thomas de Maizière mit einigen ausgesuchten Staatsrechtslehrern getroffen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, auch er von der CDU, wollte ursprünglich auch kommen, denn er hat ein besonderes Interesse an dem Thema. Es ging bei der Unterredung um das Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht, genauer: um die zunehmende Entfremdung zwischen Berlin und Karlsruhe. Diese hat in Europa-Fragen schon Tradition. Doch mit dem Urteil des Zweiten Senats zur Verfassungswidrigkeit der Dreiprozenthürde bei Europawahlen ist der bisher latente Berliner Unmut noch größer geworden. Schon erwägen Union und SPD, die Fünfprozenthürde bei Bundestagswahlen in das Grundgesetz zu schreiben, um weiteren Karlsruher Vorstößen einen verfassungsrechtlichen Riegel vorzuschieben. In Berlin wirft man Karlsruhe schlicht Unverständnis vor. (…)
Doch hat insbesondere Bundesfinanzminister Schäuble, der am Mittwoch verhindert war, das Verfassungsgericht besonders im Blick. Ein Verfassungsrichter wiederum sagt: „Dem traue ich alles zu.“…
Mit Schäuble wäre der Abend also wohl spannender verlaufen. Dagegen zeigte sich Innenminister Thomas de Maizière im Gespräch mit den Professoren dem Vernehmen nach gewohnt nüchtern und auch selbstkritisch, was die Rolle der Politik angeht. Schließlich sucht sie selbst ja oft den Weg nach Karlsruhe, um sich vom Verfassungsgericht an der Hand nehmen zu lassen.
Quelle: Frankfurter Allgemeine
CDU will Rechte der Verfassungsrichter beschränken
Aus Unmut über die jüngsten Urteile des Bundesverfassungsgerichts will die Führung der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag künftig stärker auf die Auswahl von Kandidaten für die Richterposten achten. Entsprechende Überlegungen stellten konservative Unionsabgeordnete um Fraktionschef Volker Kauder (CDU) am vergangenen Donnerstag bei einem Treffen des “Xantener Kreises” an. Die Unionsabgeordneten beklagten, dass Karlsruhe mit seinen Urteilen eine Liberalisierung der Gesellschaft vorantreibe und dabei die eigenen Zuständigkeiten überschreite. (…)
Besonders verärgert waren einige Teilnehmer der Runde über den amtierenden Richter Peter Huber, zuvor CDU-Innenminister in Thüringen. Huber ist Mitglied des Senats, der die Dreiprozenthürde zur Europawahl gekippt hatte, was in der Union auf Empörung gestoßen war. Huber tue so, als hätte er nie etwas mit der Union zu tun gehabt, hieß es.
Quelle: Der Spiegel