Am vergangenen Sonntag ging der 38. Strafverteidigertag in Dresden zu
Ende. Während des Kongresses diskutierten über 400 Strafverteidiger,
Richter und Staatsanwälte über aktuelle Entwicklungen unseres
Rechtssystems. Eine der drängendsten Fragen des Strafverteidigertages
war die Drogengesetzgebung sowie die Entkriminalisierung illegalisierter
Substanzen. Die Arbeitsgruppe "Das Für und Wider einer Entkriminalisierung des Umgangs mit Drogen"
stellte abschließend fest, dass "die Prohibition und die repressive
Drogen(kriminal)politik nicht nicht zur Lösung der Suchtproblematik
beigetragen" habe.
Die abschließende Resolution des 38. Strafverteidigertags in Dresden im Wortlaut:
Betäubungsmittel
Bereits der 31. Strafverteidigertag kam 2007 zu folgendem Ergebnis:
»Die Prohibition und die repressive Drogen(kriminal)politik – gepaart
mit teilweise exorbitanten Strafen – haben nicht zur Lösung der
Suchtproblematik beigetragen. Ein – neuer – gesellschaftlicher Diskurs
ist erforderlich, um die Grundlage für eine von Vernunft geprägte,
pragmatische sowie entkriminalisierende Drogenpolitik zu schaffen.«
Seither mehren sich sehr deutlich Stimmen, die den bisherigen Ansatz
des »War on Drugs« für gescheitert ansehen. Es gibt internationale
Entwicklungen, die ganz offiziell eine Abkehr vom Prohibitionsansatz
markieren.
In Deutschland hat sich dagegen – jedenfalls auf
juristischem Gebiet - wenig bis gar nichts geändert. Immer noch
verbringen schwerkranke Menschen wegen ihrer Krankheit viele Jahre in
Haftanstalten. Immer noch werden berufliche Existenzen, z.B. wegen des
Umgangs mit Cannabis, zerstört, obwohl genau dieser Umgang inzwischen
eine weitgehende gesellschaftliche Akzeptanz erlangt zu haben scheint.
Beiden – den Schwerkranken, wie den Freizeitkonsumenten - wird das BtMG
in keiner Weise gerecht.
Nach wie vor enthält das BtMG
Strafandrohungen, die ansonsten für Kapitalstraftaten reserviert sind –
obwohl es sich auch dabei teilweise eher um Alltagsverhalten handelt.
Dem Grundsatz, Strafrecht als »ultima ratio« zu verstehen, entspricht
das BtMG damit nicht einmal ansatzweise.
Gleichzeitig dürfen
bestehende Probleme im Umgang mit psychoaktiven Stoffen nicht verkannt
werden. Das Abstinenzparadigma allerdings und die daraus abgeleitete
Prohibition haben sich selbst in dieser Hinsicht nicht als probates
Mittel erwiesen.
Wenn dann auch noch die Repressionsstrategie
immense Summen für eine im Ergebnis wirkungslose Strafverfolgung
verschlingt, gleichzeitig Mittel für Forschung und Hilfsprojekte
drastisch gekürzt werden, so ist dies nicht länger akzeptabel.
Der Prohibitionsansatz ist deshalb aufzugeben. Er gehört aber
mindestens auf den parlamentarischen Prüfstand. Es muss in absehbarer
Zeit fundiert darüber diskutiert werden, welcher Reformbedarf besteht.
Dass Reformbedarf besteht, kann nicht mehr strittig sein. Ein bloßes »Weiter So!« darf es daher nicht geben.
Deshalb unterstützt der 38. Strafverteidigertag ausdrücklich - als
einen notwendigen ersten Schritt - die Initiative von 120 deutschen
Strafrechtsprofessoren, die die Einrichtung einer Enquete-Kommission
gefordert hat, da sie die strafrechtliche Drogenprohibition als
»gescheitert, sozialschädlich und unökonomisch« ansieht.