Donnerstag, 10. April 2014

Wir haben ein Recht auf Rausch

Forderung nach Entkriminalisierung des Drogenstrafrechts - Politik - Süddeutsche.de
Gegen die "Auswüchse der Kriminalisierung": In einer ungewöhnlichen Aktion setzen sich 122 Rechtsprofessoren für eine Reform des Drogenstrafrechts ein. Grüne und Linke wollen die Resolution als Basis für einen Vorstoß im Bundestag nutzen.

Interview (Auszüge) mit dem Initiator der Aktion, Professor Dr. Lorenz Böllinger von der Uni Bremen:

Sie schreiben in Ihrer Resolution: „Nicht die Wirkung der Drogen ist das Problem, sondern die repressive Drogenpolitik schafft Probleme.“ Können Sie das erklären?
...
Dann muss man die unnötige Kriminalisierung von jungen Menschen dazurechnen. Die haben niemandem geschadet, werden aber durch die Verfolgung eines Genusses als Kriminelle definiert. Der Begriff „Schädigung der Volksgesundheit“ ist ja aus strafrechtstheoretischer und verfassungsrechtlicher Sicht völliger Unsinn—so etwas gibt es überhaupt nicht, „Volksgesundheit“. Das sind also opferlose Delikte, bei denen kein Rechtsgut verletzt wird. Wir haben in unserer Verfassung ein Recht auf Rausch, das kann man uns nicht nehmen. Jeder darf Drogen konsumieren, das ist an sich nicht strafbar—aber man kann eben nicht konsumieren, ohne sich strafbar zu machen, wegen Besitzes und so weiter.

Ihre Resolution zielt also im Endeffekt auf die Legalisierung?
Ja, allerdings (Einfügung von mir: "nicht") nach so einem pauschalen Freigabe-Modell, dass man demnächst alle Drogen bei Aldi kaufen kann. Die Idee ist, durch diese Enquete-Kommission auf der Grundlage von Expertenwissen und Studien zu spezifischen Regulierungsmodellen für jede Droge zu kommen. Für die am wenigsten Gefährlichen wie Cannabis würde man eine eher weitgehende Freigabe machen, vielleicht auch mit Mengenbegrenzungen oder Registrierung. Und bei Heroin oder Crystal Meth würde das ein strikteres Modell sein—das wird dann im Einzelnen zu studieren sein.

Ihre Resolution wurde mittlerweile von über hundert Strafrechtsprofessoren unterzeichnet. Warum ist davon so wenig in der Politik angekommen?
Das ist eine gute Frage. Meine These ist, dass keiner von den Politikern sich traut, da vorzupreschen, weil jeder Angst hat, als Jugendverderber dazustehen. Zugleich ist es ein probates Mittel, um bestimmte Überwachungs- und Kontrollfunktionen massiv aufrechtzuerhalten. Das sind aus deren Sicht nutzbringende Instrumente, die man durch den Krieg gegen die Drogen an die Hand gekriegt hat. Eine internationale Vernetzung der Strafverfolgung unter dem Motto „Organisierte Kriminalität“—all das ist auch sehr funktional. Dass man diese Instrumente nicht aufgeben will, das spielt schon auch mit rein.

Haben Sie schonmal mit Marlene Mortler, der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, gesprochen?
Nein, ich habe ihr aber die Resolution geschickt. Und erwarte keine Antwort von ihr.
Was würden Sie ihr sagen, wenn Sie sie mal treffen würden?
Ich kann darüber eigentlich nur lachen, wenn man eine Tourismusspezialistin zur Drogenbeauftragten macht. Das ist doch eine Aussage, was die Regierung will—oder eben nicht will: nämlich irgendeine Reflexion in diesem Bereich, irgendeine Überlegung oder Reform gar. Die wollen Ruhe an dieser Front.


QUELLE: www.vice.com

Wird noch lange dauern, aber am Ende wird die Vernunft siegen!